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Dave LeblingMarc BlankDas 1972 erschienene Computerspiel Colossal Cave war der Gründungsstein eines Unternehmens, das in den achtziger Jahren den Markt der Textadventures dominierte: Infocom, auch wenn sie dieses Spiel nicht entwickelt hatten, war der Einfluß beträchtlich. Colossal Cave selbst war ebenfalls ein Textadventure, in welchem der Spieler Schätze innerhalb eines gigantischen Höhlensystems finden musste. Geschrieben wurde dieses Spiel von Willie Crowther auf einem Mainframe der Bostoner Universität. 1972 war das Spiel nur rudimentär entwickelt und schlummerte in den Datenecken des Großrechners. Don Woods fand durch Zufall dieses Spiel vier Jahre später im Speicher und überarbeitete es. Diese erweiterte Version wurde ungemein populär in vielen Colleges der vereinigten Staaten, da jene bereits auf den Vorgänger des Internets, dem ARPAnet, zugreifen konnten. Zwei dieser begeisterten Spieler waren Dave Lebling und sein Freund Marc Blank. Beide studierten am MIT und waren Teil des Laboratory for Computer Science, die zu dieser Zeit die Programmiersprache MDL entwickelten.

Lebling selbst hatte in seiner Freizeit bereits ein eigenes Computerspiel erschaffen und war regelrecht besessen vom Rollenspiel Dungeons & Dragons, das zu dieser Zeit äusserst populär war. Er selbst war so begeistert von diesem Pen&Paper-Rollenspiel, dass er sich selbst ein kleines Programm erschuf, das ihm beim spielen half. Es sollte auch nicht lange dauern, bis er das Spiel Colossal Cave durchspielte und selbst solch ein Spiel entwickeln wollte, das allerdings erheblich besser sein sollte. Zu diesem Zweck griff er auf die Programmiersprache MDL zurück, die er mit entwickelt hatte, und schrieb einen Parser. Parser waren Computerprogramme, die die Eingaben des Anwenders in ein anwendbares Format weiterverarbeiteten. Somit können dann die Parser aus der Eingabe heraus zutreffend schliessen, was der Anwender erreichen wollte. Neben Dave selbst halfen ihm teilweise auch Marc Blank und Tim Anderson mit dem Programmcode. Für Testzwecke bastelten sie dann ein einfaches Spiel, das lediglich aus vier Räumen bestand. Als das kleine Team die Bedienung und Verständlichkeit des Parsers für gut befunden hatten, machten sie sich, gemeinsam mit Bruce Daniels, an das eigentlich Spiel. Der Titel des Spiels lautete "Zork" und war ein Begriff aus dem Hacker Slang des MIT und stand eigentlich für ein unfertiges Programm. Ursprünglich sollte das Spiel den Namen Dungeon tragen. Hier konnte Lebling seinem Lieblingsspiel Tribut zollen. Allerdings ergaben sich daraus Verletzungen der Namensrechte und schon sehr bald schwenkte man wieder auf den Entwicklungsnamen zurück.

Im Sommer 1977 war das Spiel bereits als lauffähige Version nutzbar. Sämtliche Räume und Puzzles waren dabei eingebaut zu werden, also noch nicht komplett erhalten. Jedoch war das Zork bereits spielbar, wenn es auch nur die Hälfte des Umfanges besaß, das es dann bei der Veröffentlichung besitzen würde. Allerdings waren das Great Underground Empire, dessen Herrscher, der Lord Dimwit Flathead the Excessive und der gefürchtete Grue implementiert. Letzteren hatte sich Lebling vom Sci-Fi und Fantasy-Schriftsteller Jack Vance kurzerhand "ausgeliehen".

PDP-10Das Spiel war auf dem PDP-10 Mainframe der Universität ein unglaublicher Erfolg und wurde in kürzester Zeit, dank des ARPAnet, in ganz Amerika verteilt. Hunderte Studenten saßen jeden Tag vor den Terminals der Großrechner und blockierten die wissenschaftliche Arbeit. Als Reaktion erhielten Lebling uns sein Team hunderte von Kommentaren, die es ermöglichten, das Spiel selbst immer weiter zu verfeinern. 1979 war es dann soweit und Zork erhielt ein letztes Puzzleupdate: das Spiel war fertig. Mit seiner Größe von einem Megabyte war es für damalige Zeiten, ein großer Brocken voller Daten.

Das Team hatte eigentlich geplant nach der Fertigstellung Zork ruhen zu lassen und sich anderen Dingen zu widmen, hatten sie doch schliesslich ihr Ziel erreicht und ein besseres Spiel als Colossal Cave kreiert. Das Schicksal wollte es jedoch anders: einige Teammitglieder des LCS entschlossen sich in die Privatwirtschaft zu wechseln und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Durch ihr Teamwork wollten sie auch weiterhin gemeinsam zusammenarbeiten.

In dieser Zeit traf Marc Blank, der auf Wunsch seiner Eltern Doktor werden sollte, Joel Berez in Pittsburgh. Beide unterhielten sich über den unglaublichen Erfolg der neuen Home Computer, vor allem dem TRS-80 und dem Apple II. Beide waren sich darüber einig, dass diese neuen Computer leistungsfähiger waren, als sämtliche Vorgängermodelle. Bei diesen netten Gespräch fragten sich die beiden, wie es wohl möglich wäre Zork auf diese Heimcomputer zu portieren. Dabei entwickelten sie eine geniale Idee. Sie entwarfen eine spezielle Programmiersprache, die den eigentlichen Code emulieren würde. Es war also nur nötig diesen Emulator an das jeweilige Computersystem anzupassen, nicht jedoch das gesamte Spiel. Dieser "virtuelle Prozessor" bekam von ihnen den Namen Z-Machine und die Programmiersprache das Kürzel ZIL: Zork Implementation Language. Der Anwender dagegen erhielt das ZIP: Z-Machine Interpreter Program, das diesen Z-Machinencode interpretieren konnte. Im Grunde die gleiche Technik, die heute auch ScummVM nutzt, um alte Lucasfilm/LucasArts-Spiele auf unzähligen Systemen nutzen zu können.

Da Blank und Berez die Lösung für dieses Problem hatten, wurden sie ein Teil des neuen Unternehmens, das nach einigen langwierigen Gesprächen schlussendlich Infocom getauft wurde. Infocom eröffnete am zweiten 20. Juni 1979 seine Pforten und bestand aus zehn Mitarbeitern: Jim Anderson, Joel Berez, Marc Blank, Mike Broos, Scott Cutler, Stu Galley, Dave Lebling, J. C. R. Licklider, Chris Reeve und Al Vezza.

Zork IZwar gab es nun eine Lösung bezüglich der Portierung des Spiels, allerdings war sein Umfang noch immer ein Problem für den limitierten Arbeitsspeicher der Heimcomputer (16 KByte). Infocom sah keine andere Möglichkeit, als große Teile des eigentlichen Spiels herauszunehmen. Ihnen war klar, dass das Spiel in Teilen den Markt erreichen konnte und nannten daher das erste Spiel Zork I. Die Veröffentlichung verzögerte sich jedoch, aufgrund von zahlreichen Bugs, die erst gefunden und aufgelöst werden mussten. 1980 war es jedoch so weit und mit Zork besaß das junge Unternehmen ihr erstes Produkt, allerdings noch keinen Distributor.

Personal Software Inc., die Entwickler von VisiCalc, der ersten Tabellenkalkulation für Personal Computer erklärten sich bereit diese Aufgabe zu übernehmen. Im November veröffentlichten sie Zork I für den PDP-11. Mit einem Scheck über 800 $ hatte Infocom seinen ersten Gewinn gemacht.

Bereits ein Monat später erschien das Programm für den TRS-80 und konnte sich bis September 1981 über 1500 mal verkaufen. Bruce Daniels, der zu diesem Zeitpunkt schon für Apple arbeitete, übernahm die Portierung für den Apple II und auch hier konnten 6000 Kopien verkauft werden. Zork war auf der Überholspur und im Laufe der Jahre wurden über 1.000.000 Einheiten verkauft.


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Bild von Steve Turner und Andrew Braybrook mit freundlicher Genehmigung von der Seite www.nemmelheim.de